10. Januar 1974

BallettAm Neujahrsfest hatten wir unseren ersten großen Auftritt mit der Ballettgruppe. Er fand im Gemeindesaal statt und das halbe Dorf wurde erwartet. Meine Eltern waren mit Paul und meiner kleinen Schwester gekommen, auch von Sarah waren Bruder und Eltern da, um ihren beiden Töchtern beim Tanz zuzuschauen. Ich war fürchterlich aufgeregt, wusste ich doch von Heidi, dass Seppi kommen würde und auch Charles hatte sich angekündigt.

Die meisten Mädchen waren schon umgezogen und dehnten sich, als ich ankam. Clara übte Drehungen auf ihrer Fußspitze und Sarah wollte noch rasch auf die Toilette. Vermutlich war sie ähnlich aufgeregt. Die letzten Tage hatten wir jede freie Minute geübt und zusammen mit Sophie, unserer Ballettlehrerin, eine Choreographie einstudiert. Sarahs Bruder hatte uns gelegentlich bei den Hebeübungen geholfen und mich erneut mehrfach wie zufällig zwischen den Beinen berührt, aber ich kannte das bereits und vermied es, mir zu oft helfen zu lassen.

Als Marcelle noch kleiner war, hatte sie uns gern beim Tanzen begleitet, war fröhlich um uns herum gehüpft und hatte unsere Bewegungen nachgeahmt. Seit einiger Zeit aber hatte ihr Interesse an Tanz und Musik nachgelassen und sie zog es vor, mit den Tieren meines Großvaters zu spielen oder zusammen mit den Jungs ihres Alters auf Bäumen herum zu klettern. Auch mochte sie keine Röcke und war selbst zur heutigen Vorstellung in ihrer Latzhose gekommen. Das hatte anlässlich ihrer wenige Monate zurückliegenden Einschulung für ziemlichen Ärger gesorgt, als sich Marcelle weigerte, das übliche weiße Kleid anzuziehen. Maman hatte sich durchgesetzt, aber Marcell lachte auf keinem der Schulfotos.

Heute saß sie mit Paul auf dem Schoß in der dritten Reihe und ließ sich nicht anmerken, ob sie freiwillig oder auf Druck meiner Eltern mitgekommen war. Die Reihen der im Gemeindesaal aufgestellten Stühle füllten sich allmählich. Viele meiner Mitschülerinnen waren gekommen, ebenso ein paar der Jungs, vermutlich auch, um sich anschließend wieder über Fancis, den einzigen Jungen der Ballettgruppe, lustig zu machen. Aber Francis erwies sich als echtes Talent und würde heute den männlichen Solopart übernehmen, um damit neben Clara die meiste Zeit auf der Bühne zu sein.

Fancis Vater, der Bürgermeister, saß in der ersten Reihe, neben ihm Claras Mutter, die sich offensichtlich prächtig mit ihm verstand. Francis Mutter war bei seiner Geburt verstorben, aber sein Vater hatte nie wieder geheiratet und war damit der begehrteste Junggeselle unseres kleinen Ortes, wie meine Großmutter gern betonte. Claras Vater aber schien sich nicht am angeregten Gespräch seiner Frau mit dem Bürgermeister zu stören, sondern hielt den Daumen hoch, als er seine Töchter durch einen Spalt im Vorhang lugen sah.

Seppi war noch immer nicht gekommen, auch Heidi und deren Eltern fehlten. Ich war hin und hergerissen, ob ich mich freuen oder ärgern sollte, falls er nicht käme, würde doch meine Aufregung eher noch zunehmen, wenn ich ihn im Publikum wüsste. In den letzten Wochen hatten wir uns ein paar Mal auf dem Schulhof unterhalten. Heidi hatte mich ihm vorgestellt, als ich bei seiner Schwester zu Besuch war, um mit ihr französisch zu üben. Er hatte mich mit seinen grünen Augen durchdringend angesehen, bevor er mir seine Hand gab und ich mein Herz bis in die Schläfen schlagen hörte.

Die Vorstellung hatte bereits begonnen, als Seppi zusammen mit seiner Familie eintraf und in der letzten Reihe Platz nahm. Ich war gerade dabei, mich auf meinen Fußspitzen um die eigene Achse zu drehen. Als ich Seppi lächeln sah, hob ich meine Arme und fühlte mich schwerelos wie eine Feder im Wind.

Über Erotikroman

Tagebuchschreiberin und Träumerin, liebe das Leben, die Liebe und die Geheimnisse dahinter
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